Siebzehn Millionen Menschen deutschlandweit leiden an einer rheumatischen Erkrankung. Was das tagtäglich für die Betroffenen bedeutet, konnten gestern und vorgestern die Pflege-Auszubildenden der carecampus Pflegeakademie an der Kreuzkirche in Dülmen hautnah erleben. Die begleitende Dozentin, Nadine Tews, hat den angehenden Pflegefachfrauen- und -männern nicht nur das Krankheitsbild Rheuma in all seinen Facetten erläutert, sondern darüber hinaus einen abwechslungsreichen Aktionstag gestaltet. Dazu hat sie im Vorfeld Kontakt zur Deutschen Rheuma-Liga NRW e.V., dem größten Selbsthilfeverband aus dem Bereich der Gesundheitsselbsthilfe, aufgenommen.
Für rund 35 Auszubildende der generalistischen Pflegeausbildung drehte sich in den letzten beiden Tagen alles um das Thema Rheuma. „Frau Tews meldete sich bei uns, um unseren Rheuma-Simulationshandschuh auszuleihen. Schnell war klar, wir gestalten gemeinsam einen Aktionstag in Dülmen, denn unser Projekt „Rheuma hautnah – auch in der Ausbildung“ passte genau zu den Wünschen und Vorstellungen der Pflege-Dozentin“ erzählt Kirstin Schütz, Gesundheitswissenschaftlerin und Projekt-Koordinatorin der Deutschen-Rheuma-Liga NRW.
„Rheuma hautnah“ ist ein sehr praxisnahes Projekt, das die Rheuma-Liga 2020 in Zusammenarbeit mit der Bochumer Hochschule für Gesundheit ins Leben gerufen hat. Geschulte Ehrenamtliche, die selbst betroffen sind, besuchen Pflegefachschulen, beziehungsweise Ausbildungsstätten für Gesundheitsberufe und berichten über ihren individuellen Umgang mit der Erkrankung. Dabei stellen sie nicht nur die eigene Biografie vor, sondern zeigen auch Bewältigungsstrategien auf und klären die angehenden Pflegefachpersonen darüber auf, was Selbsthilfe leisten kann.
Von Anfang an dabei ist Hildegard Mang, die praktischerweise „um die Ecke wohnt“ und so mit ihrem Dreirad einen sehr kurzen Anfahrtsweg hatte. Mit im Gepäck eine große Auswahl an Hilfsmitteln, die im Unterricht nicht nur präsentiert wurden, sondern auch ausprobiert werden sollten. Doch zunächst lauschten die interessierten Auszubildenden den Schilderungen von Frau Mang, die berichtete, mit welchen Tücken des Alltags Rheumatiker*innen häufig zu kämpfen haben. „Selbst das Herausziehen einer EC-Karte aus dem Bankautomaten kann eine unüberwindbare Hürde sein, wenn man die Karte nicht greifen kann“, berichtet die Betroffene, die seit ihrem 20. Lebensjahr an rheumatoider Arthritis erkrankt ist. Über die Jahre hat sie eine Vielzahl praktischer Alltagshelfer gesammelt, gebastelt und sogar mithilfe eines 3D-Druckers selber konzipiert.
Nadine Tews, die den Schülerinnen und Schülern am Vormittag einen sehr interessanten theoretischen Einblick in die Vielfalt der rheumatischen Erkrankungen geboten hat, freut sich, dass auch der Rheuma-Handschuh etliche „Aha-Momente“ erzeugte. „Die Anfrage bei der Deutschen Rheuma-Liga NRW hat sich gelohnt. Wir werden auch zukünftig gemeinsam Aktionstage gestalten und das Projekt „Rheuma hautnah“ intensivieren.“
Im Anschluss an die Vorstellung der Hilfsmittel konnten die Kursteilnehmer*innen, dank des Rheuma-Handschuhs sowie weiteren Alltagshilfen, praktisch hautnah erleben, wie sich die Einschränkungen anfühlen und welche Handgriffe nahezu unmöglich sind. Unter der Anleitung von Hildegard Mang sollten sie Schnürsenkel binden, Spielkarten austeilen oder in einem Buch blättern. Gar nicht so leicht wie gedacht. Mit viel Ehrgeiz und Ausdauer haben die angehenden Pflegekräfte diese Prüfung gemeistert und sie sind sich einig „dass der Aktionstag ein voller Erfolg war!“ Denn dass „Rheuma so vielfältig ist, war mir gar nicht bewusst“, so eine Schülerin in der Feedbackrunde. „Ich war sehr begeistert, wie offen Frau Mang mit ihrer Erkrankung umgegangen ist, man hat was gelernt.“ Den angehenden Pflegefachpersonen gibt Hildegard Mang mit auf den Weg, das Gelernte im Berufsalltag anzuwenden und nicht zu vergessen, dass Erkrankte im Alltag einfach mehr Zeit benötigen. „Ich denke, jetzt ist klar geworden, warum es an der Kasse auch mal länger dauern kann, wenn das Heraussuchen des passenden Kleingelds zur Tücke des Alltags wird.“
Wer mit den Lehrenden und Auszubildenden von der carecampus Pflegeakademie ins Gespräch kommen möchte, hat dazu am 20.10.2023 Gelegenheit. Der carecampus (An der Kreuzkirche 5 in Dülmen) veranstaltet von 10 bis 16 Uhr einen Tag der offenen Tür und möchte alle Interessierten einladen, die carecampus Pflegeakademie (www.care-campus.de) kennenzulernen.
Weitere Informationen zur Rheuma-Liga NRW sowie zum Projekt „Rheuma hautnah“ unter www.rheuma-liga-nrw.de und https://www.rheuma-liga.de/aktuelles/detailansicht/projekt-in-nrw-rheuma-hautnah-in-der-ausbildung
Kirstin Schütz, Deutsche Rheuma-Liga NRW